Einblicke

 

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und Geschichten vor und hinter den Kulissen.

 


 

 

"Mit schwerem Gerät."
Der Winterdienst am Flughafen Altenrhein.


 

Wer keine Garage hat, der kennt die morgendliche Enteisungsroutine: Kratzen, Enteiser sprühen oder verbotenerweise das Auto im Leerlauf warmlaufenlassen. Verschiedene Möglichkeiten, alle mit dem gleichen Ziel: Eis und Schnee von den Scheiben zu entfernen, um wieder den Durchblick zu haben. Aber wie funktioniert das eigentlich bei Flugzeugen? Die Piloten werden wohl kaum Kratzen müssen, oder? Und wer fegt Eis und Schnee von der Runway?

  

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, treffen wir Tino Dietsche und seine Kollegen. Seit 14 Jahren ist er bei People’s. Als Ramp-Mitarbeiter ist er auch für die Enteisung der Flugzeuge, in der Fliegersprache „Deicing“ genannt, zuständig. „Um es gleich vorwegzunehmen: Wir kratzen nicht, wir enteisen“, sagt er lachend zu Beginn unseres Gesprächs. Das Enteisen hat bei den Flugzeugen einen anderen Grund als beim Auto. Es geht nicht um freie Sicht für die Piloten, sondern um die Aerodynamik, also um die Luftströme: Die Tragflächen sind so geformt, dass sie der Maschine Auftrieb verleihen. Befinden sich allerdings nur wenige Zentimeter Schnee oder Eis auf diesen, verändert sich die Aerodynamik massiv. Durch das enorme Gewicht vermindert sich der Auftrieb des Flugzeugs. „Deshalb ist das Enteisen der Flugzeuge ein verantwortungsvoller Job. Um ein Deicing durchführen zu dürfen, muss eine Grundausbildung mit abschließender Prüfung absolviert werden. Jedes Jahr muss das gesamte Team ein Refresher-Training, also ein Auffrischen des Wissens absolvieren. Am Ende der Übung steht ebenfalls eine Prüfung an – Jahr für Jahr.“


 

Mit Alkohol gegen das Eis

 

Und wie läuft die Enteisung ab? „Je nach Witterung setzen wir ein etwa 80 Grad heißes Alkohol-Wasser-Gemisch ein. Damit wird das Flugzeug abgespritzt. Schnee und Eis schmelzen sofort weg. Danach wird die Maschine noch mit einem Verdickungsmittel besprüht, um es vor erneuter Vereisung zu schützen.“ Nach dem „Deicing“ kommt es dann auf jede Minute an. Die „Vorhaltezeit“, also jenes Zeitfenster, in dem das Flugzeug enteist und vor erneuter Eisbildung geschützt ist, kann je nach Witterung und Temperatur nur zehn Minuten betragen. Aus diesem Grund findet das Boarding der Passagiere vor dem „Deicing“ statt. Die Zeitspanne zwischen Enteisen und Abheben muss daher so kurz wie möglich gehalten werden.

 

Deicing

Das Alkohol-Wasser Gemisch zur Enteisung ist durchsichtig.
Das Verdickungsmittel hingegen hat eine orangene Farbe. So
können Tino Dietsche und seine Kollegen sehen, ob sie das
ganze Flugzeug mit dem Verdickungsmittel vor neuer Vereisung
geschützt haben.

 

 

Weniger Maschinen, weniger Verspätung

 

Auf dem People’s Airport ist das kein Problem, denn hier heißt es „Qualität vor Quantität“. Der Flughafen St.Gallen-Altenrhein ist kleiner und übersichtlicher als andere Flughäfen. Außerdem wird alles aus einer Hand gemacht – Airport und Fluglinie sind eine Firma. So bleiben die typischen Winter-Verspätungen, die Vielflieger von anderen Airports kennen, in der Regel aus. „An anderen Flughäfen kann es sogar vorkommen, dass eine bereits enteiste Maschine länger als die Vorhaltezeit auf die Starterlaubnis warten muss – dann heißt es von Neuem: Enteisen, und auf die nächste Starterlaubnis warten.“

 


 

 


Drei Arbeitsschritte mit nur einem Fahrzeug

 

Die Maschinen sind fertig und könnten jetzt starten. Aber wenn die Flieger voller Eis waren, ist es die 1.800 Meter lange und 30 Meter breite Runway doch auch – und wer befreit die von Eis und Schnee? Diese Frage kann Schneeräum-Fachmann Roger Aeschlimann beantworten. Seit sieben Jahren ist er bei People’s beschäftigt, seit zwei Jahren als Leiter der Unterhalts-Abteilung des Airports. In seine Verantwortung fällt die Schneeräumung auf dem gesamten Gelände. Anders als die Schneepflüge, die man vom städtischen Winterdienst kennt, können die „Eisbären“, so nennen die Mitarbeiter ihre Fahrzeuge liebevoll, nicht nur den Schnee wegräumen: „Zuerst schieben wir den Schnee mit dem Pflug zur Seite, danach fegen wir den verbliebenen Schnee weg und im dritten Schritt werden die letzten Flocken vom Runway weggeblasen. Und das alles mit nur einem Gerät!“, freut sich Roger Aeschlimann über seine Lieblingsaufgabe im Winter.

 


Drei Eisbären in Altenrhein

 

Fünfeinhalb Meter ist der Pflug eines Eisbären breit. Der Runway hingegen misst 30 Meter Breite. Die Pistenräumung erfolgt daher im Dreierverband. Das bedeutet, dass drei Eisbären nach hinten versetzt zueinander von der Pistenmitte zum Pistenrand räumen. Ausgangspunkt ist der Pistenkopf 28. Hier wird begonnen. Im Westen wird dann gewendet und südlich der Pistenmitte zurückgefahren. Unter optimalen Bedingungen ist nach einer Retoure-Fahrt, innerhalb von 22 Minuten, die Piste geräumt. Solange es schneit, fährt der Dreierverband ununterbrochen. Danach erfolgt die Enteisung. Doch anstelle von Salz wird unter anderem mit Harnstoff eine Neuvereisung verhindert.

 
Verbunden sind die Fahrer über Funk – mit dem Tower und untereinander. Das ist wichtig, um den Überblick zu behalten. Das Schneeräum-Team besteht aus insgesamt 13 Mitarbeitern um Roger Aeschlimann. Vier Festangestellte und neun Freelancer. Das sind vor allem Landwirte und Handwerker aus der Nachbarschaft des Airports, die im Winter aufgrund der Witterung ihrem eigentlichen Beruf nicht nachgehen können. Sieht es nach Schnee aus, warten sie auf den Anruf des Chefs, um auf die Eisbären zu steigen und die Piste zu räumen. „Den eigenen vereisten und verschneiten PKW von seiner winterlichen Last zu befreien ist mitunter anstrengend und auf Dauer nervig. Der Aufwand, der am Flughafen und an den Maschinen betrieben wird, um einen sicheren Abflug und Ankunft zu gewährleisten, ist damit aber nicht zu vergleichen. Ich werde sicherlich das nächste Mal dran denken, wenn ich gemütlich im Flugzeug sitze und die Mitarbeiter von People’s das Flugzeug von Schnee und Eis befreien und gleichzeitig die drei Eisbären den Runway für den Start vorbereiten.

 

 

Auf dem Runway wird kein Salz gestreut
... denn das hätte eine korrosive Wirkung auf das Aluminium der
Flugzeuge. Darum gibt’s am Flughafen salzfreie Alternativen. Der
Einsatz richtet sich immer nach Art und Menge des Niederschlags.
Es stehen drei flüssige und feste Taustoffe zur Verfügung:

 
• Aviform L50 (Flüssigkeit), besteht zu 50 % aus Kaliumformiat, besser bekannt als Ameisensäure.
• Aviform S-Solid (Granulat), die Granulatteilchen können bis zu 8 mm dicke Eisschichten aufbrechen.
• Harnstoff geprillt 46 % (Granulat), besteht aus Pferdeharn, ist aber geruchslos.